Qualität, Verantwortung und Sichtbarkeit

Qualität, Verantwortung und Sichtbarkeit

Die Relevanz eines Positionspapiers für das Handlungsfeld History Communication und für die DPRG

Der DPRG-Arbeitskreis History Communication hat einen zentralen Impuls für die Etablierung des Berufsfeldes History Communication gesetzt. Im Rahmen der ersten History Comms Conference des Arbeitskreises am 9./10. Oktober 2025 bei Beiersdorf in Hamburg wurde das vom Arbeitskreis entwickelte und von der DPRG verabschiedete Positionspapier „Professionalität und Qualität in der Corporate History Communication“ präsentiert. Das Papier formuliert erstmals Standards für die Kommunikation von Unternehmensgeschichte und fordert in zehn Punkten unter anderem, Historikern und Historikerinnen ein Vetorecht einzuräumen, wenn geschichtliche Inhalte verfälscht oder wissenschaftliche Standards missachtet werden. 

Welche Bedeutung das Positionspapier für die DPRG und welche Auswirkungen es auf das Berufsfeld hat, haben wir im Gespräch mit Sabine Clausecker (Präsidentin der DPRG), Dr. Uwe Balder (Mitglied des DPRG-Arbeitskreises und des erweiterten Vorstands der Vereinigung der Wirtschaftsarchivarinnen und Wirtschaftsarchivare) und Dr. Ingo Stader (Mitglied des Lenkungskreises des DPRG-Arbeitskreises History Communication) erörtert.

Sabine Clausecker, Dr. Uwe Balder (Beiersdorf 2025), Dr. Ingo Stader (Chr. Behrmann 2024)

 

Sabine, bei der Präsentation des Positionspapiers hast du in deiner Begrüßung betont, welchen Stellenwert das Paper für die DPRG hat.

Sabine Clausecker: Die DPRG steht seit jeher für Qualität, Ethik und Professionalität in der Kommunikation. Mit dem neuen Positionspapier des Arbeitskreises History Communication setzen wir genau hier an. Es formuliert Standards, die weit über das Fachgebiet hinauswirken: interdisziplinäre Zusammenarbeit, wissenschaftliche Fundierung, ethische Verantwortung, Transparenz und Wirkungsmessung. Alles Standards für die Beratungskompetenz und Qualität von uns Kommunikator:innen.

Welche relevanten Punkte siehst du da vor allem? 

Sabine Clausecker: Gerade in Zeiten, in denen Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu den wichtigsten Währungen unserer Branche gehören, zeigt History Communication, wie stark verantwortungsvolle Kommunikation auch auf gesellschaftliche Orientierung einzahlt. Sie hilft, Identität zu stiften, Verantwortung sichtbar zu machen und Reputation nachhaltig zu gestalten. Werte, die eng mit der Mission unseres Verbands verbunden sind. Ich sehe in diesem Positionspapier deshalb auch ein Signal: Wir als DPRG übernehmen Verantwortung, wo Kommunikation auf Geschichte trifft – und tragen so dazu bei, die professionelle Kommunikationspraxis weiterzuentwickeln.

Wie kam es eigentlich zur Entwicklung eines solchen Positionspapiers? 

Ingo Stader: Das hat eine längere Vorgeschichte. Als Matthias Koch und ich 2020 das Netzwerk Corporate History Communication ins Leben riefen [Vorgänger des heutigen DPRG-Arbeitskreises History Communication, Anm. d. Red.], ging es darum, verschiedene Akteure in diesem Berufsfeld zusammenzubringen, um sich auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und besondere Beispiele ihrer Arbeit zu diskutieren. Dieser Austausch hat sich dann dahingehend weiterentwickelt – nicht zuletzt dank des Engagements von Prof. Dr. Felix Krebber –, dass man sich über das Berufsfeld selbst Gedanken machte. Was sind die Qualitätskriterien für eine professionelle Geschichtskommunikation? Welche Standards lassen sich hierfür definieren, auf die sich alle Akteure verständigen können? Bei der ersten History Comms Conference des Netzwerks 2022 in Frankfurt wurden Arbeitsgruppen gebildet, die sich intensiver mit den Themen Wertschöpfung und Qualität auseinandersetzten. Ergebnis der AG Wertschöpfung ist das Zielehaus, das bereits 2023 vorgestellt wurde. Und die Ergebnisse der AG Qualität wurden jetzt in diesem Positionspapier zusammengefasst.

„History Communication macht Archive zukunftssicher.“

 

Wie ist das Berufsfeld bisher aufgestellt und wie könnte es verbessert werden? 

Ingo Stader: Es gibt unterschiedliche Akteure. Historiker und Historikerinnen und Archivare und Archivarinnen, die in Festanstellung Unternehmensarchive und Geschichtskommunikation für Unternehmen betreiben, Dienstleister wie Geschichtsagenturen oder Kommunikationsagenturen, die auch historische Dienstleistungen anbieten, sowie Vereine und Institute, die im Bereich Unternehmens- und Institutsgeschichte tätig sind. Darüber hinaus gibt es Organisationen wie die VdW (Vereinigung der Wirtschaftsarchivarinnen und Wirtschaftsarchivare e. V.), die GUG (Gesellschaft für Unternehmensgeschichte e. V.) oder die AG Public History im Historikerverband, die sich mit Geschichtskommunikation beschäftigen. Es ist also gut und wichtig, dass es hier einen interdisziplinären Austausch gibt im Interesse einer Professionalisierung dieses Berufsfeldes.

Uwe Balder: Aus diesem Grund sind mir die Punkte 9 und 10 des Positionspapiers besonders wichtig, in denen es um die Qualifizierung der Akteure und die interdisziplinäre Qualitätssicherung geht. Kommunikation, insbesondere zu historischen Sachverhalten, kann eben nicht jeder. Das Berufsfeld muss sich weiter professionalisieren: Durch koordinierte, zertifizierte und zielgerichtete Fort- und Weiterbildungsprogramme – insbesondere durch Kooperationen mit bestehenden Institutionen und Dachverbänden. Kommunikation war, ist und bleibt Teamaufgabe: Historische Kommunikation ist immer dann am relevantesten, wenn sich ein gelungenes Zusammenspiel zwischen Kommunikator und Archivar im Ergebnis widerspiegelt und dieses auf die strategischen Kommunikationsziele des Unternehmens einzahlt.

Uwe, als Mitglied des DPRG-Arbeitskreises und des erweiterten Vorstands der VdW, welche Chancen eröffnet das Positionspapier Wirtschaftsarchivarinnen und Wirtschaftsarchivaren? 

Uwe Balder: Das Positionspapier ist hilfreich, da es Entscheidern in Unternehmen verdeutlicht, dass History Communication einen maßgeblichen Wertbeitrag zur Unternehmenskommunikation leistet – wenn die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen stimmen. Historische Kommunikation – professionell betrieben – kann Wirkung weit über das Archiv hinaus erzielen. Sie sichert den dauerhaften Betrieb eines Unternehmensarchivs - gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten, in denen um innerbetriebliche Ressourcen – Zeit, Mensch und Geld – intensiv geworben werden muss. Nur wer sichtbar und erlebbar ist und einen Mehrwert beisteuert, wird gesehen und gewertschätzt. History Communication macht Archive zukunftssicher.

Das Positionspapier ist erhältlich unter https://dprg.de/publikationen/

 

Was bedeutet das für den Arbeitsalltag von Wirtschaftsarchivarinnen und Wirtschaftsarchivaren? 

Uwe Balder: Im Alltag ist Historische Kommunikation das Ergebnis von Aushandlungsprozessen und Kompromissen – selbstverständlich im Rahmen professioneller Grundsätze. Das Positionspapier ist Maßstab, Selbstverpflichtung und Kompass für alle Beteiligten in diesem Feld, es hilft, ein besseres Verständnis und Miteinander zwischen den Akteuren zu schaffen. Viele meiner Berufskollegen in Unternehmen arbeiten – teilweise seit Jahrzehnten – nach diesen Best Practices; und doch ist es sinnvoll den „State of the Art“ in einem derartigen Positionspapier festzuhalten.

Das Positionspapier soll ja sämtliche Akteure und Akteurinnen im Berufsfeld erreichen. Wie kann die DPRG dabei unterstützen?

Sabine Clausecker: Der Arbeitskreis History Communication soll künftig seine Arbeit noch stärker mit unseren zentralen Formaten und Initiativen verknüpfen. History Communication lässt sich künftig bei unseren großen Veranstaltungen wie dem PR-Tag, unserer Jahresauftaktveranstaltung Take-off oder auch in unserem neuen Format DPRG-Campus präsentieren. Dort können wir zeigen, wie lebendig, relevant und zukunftsorientiert dieses Themenfeld ist. Ebenso wichtig ist mir die Vernetzung mit anderen Arbeitskreisen. Wenn wir diese Perspektiven zusammenbringen, stärken wir das Verständnis von Kommunikation als gesellschaftlicher Verantwortung.

History Communication soll aber auch in unseren Kommunikationskanälen noch sichtbarer werden – mit Kurzinterviews auf LinkedIn, im DPRG Journal oder auch in unserem DPRG Learn-Webinar. Sichtbarkeit heißt hier: Relevanz zeigen und Orientierung bieten.

Ingo Stader: Mit dem Positionspapier ist ein wichtiger Meilenstein gelungen. In Ergänzung zu den Formaten der DPRG können wir vom Arbeitskreis aus zusätzlich eine höhere Sichtbarkeit erreichen, indem wir bspw. konkrete Fälle aus der Praxis medial bekannt machen, die sich an diesem Positionspapier messen lassen.

 

Auf der Conference kam auch das Thema DPRG-Award für History Communication auf. Wie stehst du dazu, Sabine?

Sabine Clausecker: Das ist eine Idee, die ich perspektivisch unterstütze. Ein solcher Preis könnte helfen, Exzellenz in diesem Feld sichtbar zu machen und Best Practices zu würdigen. Er wäre nicht nur eine Auszeichnung, sondern ein Signal: History Communication ist kein Nischenthema, sondern ein zukunftsrelevanter Bestandteil professioneller Kommunikationsarbeit. Der Deutsche PR-Preis war seit seiner Gründung immer ein Spiegelbild seiner Zeit. Kategorien kamen und ginge. Es ist Zeit für einen History Comms Award.